Der Turnverein Altshausen wurde am Sonntag, dem 1. Mai 1881 gegründet. Als Gründungsväter gelten zehn Männer, die damals bei einer Versammlung laut Protokoll „untereinander wählten“. Eigenartig ist, dass sie die Vorstandschaft zunächst provisorisch wählten. Erst eine Woche später erfolgte dann die definitive Wahl, wobei beide Abstimmungsergebnisse identisch waren. Erster Vorstand wurde Johann Mandada, Vizevorstand Gottlieb Herder, Schriftführer Gustav Sautter und Kassier Albert Häfele.
Die ersten Jahre
Geturnt wurde anfangs auf dem Turnplatz an der Ravensburger Straße und im Kornhaus oberhalb des Rathauses, der späteren alten Turnhalle. Höhepunkte im Vereinsjahr der Turner waren die Christbaumfeier, der Turnerball, die Teilnahme an auswärtigen Turnfesten sowie das Anturnen als Beginn und das Abturnen als Ende der Freiluftsaison.
Vereinsfahne
Am Pfingstmontag 1883 wurde die Vereinsfahne, die heute noch existiert, in der Kirche geweiht, was Anlass zu einem Fest war, an dem mehrere Brudervereine der Umgebung teilnahmen.
Erster Weltkrieg und neue Aktivitäten in der Nachkriegszeit
Während des Ersten Weltkrieges ruhte die Vereinstätigkeit zwar nie ganz, doch war sie aufgrund der zahlreichen im Kriegsdienst stehenden Mitglieder nur eingeschränkt möglich. Nachdem die Mehrzahl der Soldaten wieder in die Heimat zurückgekehrt war, verlagerten sich die Aktivitäten auch auf neue Sportarten wie Florettfechten, Faustball, Schwimmen, Waldlauf, Skilaufen und Radfahren.
Frauen im Turnverein
Im Jahre 1920, also erst 40 Jahre nach der Vereinsgründung, gab es erstmals eine Frauenabteilung. Doch schon im März 1922 wurde das Turnen der Frauen eingestellt und zwar so lange, bis laut Protokollbuch „sich wieder mindestens 12 ordentliche Damen zur Abteilung gemeldet haben“. Dies gelang den Damen nicht, so dass es erst in den 1950er-Jahren wieder eine weibliche Abteilung gab.
Ausschluss aus dem Verein
Angesichts der vielen Möglichkeiten eines Ausschlusses aus dem Verein ist es geradezu verwunderlich, dass der Turnverein bis heute bestehen konnte. Ausgeschlossen wurden Aktive, wenn sie pro Monat drei Mal unentschuldigt den Turnstunden fern geblieben waren, außerdem diejenigen Mitglieder, die schon zwei Monate keine Beiträge mehr entrichtet hatten, ohne dies durch besondere persönliche Verhältnisse zu rechtfertigen. Auch solchen Mitgliedern, die ohne genügende Gründe sich weigerten beim Turnerball mitzuspielen, drohte der Ausschluss und sogar die Mitgliedschaft beim Erzrivalen vergangener Tage, dem Fußballverein, zog einen Ausschluss nach sich.
Vereinslokale
In früheren Jahren war das Vereinslokal sehr wichtig für die Turner, denn hier war ihr Treffpunkt und hier erhielten sie wichtige Nachrichten und Informationen. In den ersten Jahren waren das „Fahrrad“, dann der obere Saal des „Adler“ und schließlich die „Harmonie“ Turnvereinslokal. Um 1900 waren die Turner mit der „Harmonie“ nicht mehr zufrieden, da durch die Feuchtigkeit in diesem Haus die Siegerkränze und Diplome ziemlich stark gelitten hatten. Daher war es nötig, das Lokal zu wechseln. Der damalige Kassier Josef Höfler bot den Turnern seine Wirtschaft, den „Anker“, an und betonte, dass in seinem „geräumigen Lokal jedes Mitglied zu jeder beliebigen Zeit anstandslos Zutritt“ habe.
Nach dem Wegzug von Höfler übernahm im Jahre 1903 Familie Aicher den Anker, der dann mit einer kurzen Unterbrechung bis 1962, also fast 60 Jahre, das Vereinslokal des Turnvereins war. Danach war es bis zu seiner Schließung 1975 Mina Stützles „Adler“. Heute hat der Turnverein kein spezielles Vereinslokal mehr.
Der Turnverein in der „Sportgemeinschaft“ nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg durfte nach den Bestimmungen der französischen Militärregierung in Altshausen lediglich ein einziger Sportverein gegründet werden. Somit war das Turnen zunächst nur in der sogenannten „Sportgemeinschaft“ möglich, die am 26. Juni 1948 ins Leben gerufen wurde. Diese existierte etwa vier Jahre und löste sich im Jahre 1952 wieder auf. Die Turner durften nun wieder einen eigenen Verein bilden, der seither den Namen „Turn- und Sportverein Altshausen 1881 e. V.“ trägt.
Miserable Trainingsmöglichkeiten in den 1950er-Jahren
In den 1950er Jahren waren die Trainingsmöglichkeiten ziemlich unbefriedigend. Auf dem damals einzigen Sportplatz an der Blönrieder Straße gab es noch keine Aschenbahn und keine Sprunggrube, in der kleinen alten Turnhalle beim Rathaus waren keine Duschmöglichkeiten, keine Umkleideräume und nur wenige Turngeräte vorhanden. Da auch keine Zentralheizung eingebaut war, mussten die Turner in der kalten Jahreszeit die Turnhalle mit einem eisernen Ofen heizen. Dazu brachten sie teilweise das Holz von zu Hause mit oder verfeuerten auch Bretter der Täfelung der Turnhalle.
Der Turnverein in den 1950/1960er-Jahren
In den 1950/1960er-Jahren begann jede Turnstunde, indem sich die Turner in einer Reihe der Größe nach aufstellten. Die Brust musste heraus, der Kopf hoch und die Hände hatten auf dem Rücken zu sein. Dann zählten die Turner durch, wobei derjenige, der seine Zahl sagte, den Kopf nach links zu seinem Nachbarn zu drehen hatte.
Noch bis in die 1960er-Jahre präsentierte sich der Turnverein der Bevölkerung im Ort. Mit ihren weißen Hosen und ihrer Fahne marschierten die Turner nach Wettkämpfen und bei Sportfesten singend durch Altshausen, hin und wieder auch begleitet von der Musikkapelle. Bekannt waren die Turner auch für ihre Theaterspielkunst, die sie bei den Turnerbällen und Weihnachtsfeiern sowie bei besonderen Theateraufführungen zeigten.
Neue Turnhalle und Bau der Sporthalle
Ein lange gehegter Wunsch ging Ende der 1960er-Jahre in Erfüllung. Die Gemeinde Altshausen erbaute im Schulzentrum zwischen Ebersbacher Straße und Saumstraße eine neue Turnhalle, die im Vergleich zur bisherigen bedeutend größer und komfortabler war. Dies ermöglichte dem Turnverein die Einrichtung weiterer Gruppen.
Im Jahre 1996 konnten die Sportler in der neu erbauten Sporthalle ihren Turnbetrieb erneut erweitern, wodurch das Angebot des Turnvereins noch vielfältiger wurde.
Highlights und besondere Erfolge
Beim Fest zum 100jährigen Bestehen des Vereins führt im Sommer 1981 auch Welt- und Europameister Eberhard Gienger seine Turnkünste in Altshausen vor. Ein besonderer Höhepunkt war sein Doppelsalto aus einem Arm am Reck, den er als Welturaufführung den Festgästen zeigte.
In den folgenden Jahren machten verschiedene Gruppen und Aktive des Vereins mit besonderen Leistungen von sich reden. So waren die Darbietungen der Tanzcompany 79 so ansprechend, dass sie sogar beim Bayerischen Fernsehen ihr Können zeigen durften.
Die Badminton-Abteilung, die es seit 1989 gibt, erzielte überdurchschnittlich viele Erfolge, sowohl mit ihren Mannschaften als auch durch Einzelspieler.
Auch die Leichtathleten brachten mehrere Spitzenathleten hervor. Herausragender Athlet war Josef (Beppi) Schmid, der beim 800-Meter-Lauf und mit der 4x400m-Staffel Militärweltmeister wurde und 1972 Olympiateilnehmer in München war.
Der Turnverein heute
Die Mitglieder des TSV unternehmen vielfältige, oftmals seit langer Zeit praktizierte Aktivitäten wie Ausflüge, Hüttenaufenthalte und Wanderungen. Es gibt Schauturnen, bei denen außer den Gruppen des Vereins häufig auch Spitzensportler verschiedenster Disziplinen ihr Können zeigen. Seit Jahren ist bei den Kindern das Nikolausturnen sehr beliebt und bei den Älteren der mit großem Aufwand betriebene Sportlerball, der seit einigen Jahren zusammen mit dem Fußballverein veranstaltet wird.
Derzeitiger erster Vorstand des Turn- und Sportvereins 1881 Altshausen e. V. ist Willi Stadler. Als größter Verein in Altshausen hat er nahezu 1000 Mitglieder, wovon etwa die Hälfte jünger als 18 Jahre ist. Angeboten werden im Turnverein Badminton, Freizeitsport, Gerätturnen, Gymnastik, Kinderturnen, Leichtathletik und Rope Skipping. Es gibt im Turnverein sowohl Leistungssport als auch Breitensport, Freizeit- und Gesundheitssport. Die Sportler werden von 75 Übungsleitern und ihren Helfern betreut. Bei 100 Stunden pro Woche sind dies somit insgesamt etwa 4000 Stunden jährlich, in denen sie dafür sorgen, dass sich Menschen für ihre Gesundheit bewegen.
Elmar Hugger 2023
Turnvereinsbuch
Einen tieferen und ausführlicheren Einblick in die Geschichte des Turnvereins bietet das Buch „Der Turnverein in Altshausen“. Dieser informative fünfte Band der historischen Altshauser Bücher von Elmar Hugger ist aufgelockert durch zahlreiche witzige Anekdoten und mit vielen Bildern illustriert. Das Buch kann sowohl beim Turnverein als auch beim Autor (Altshausen, Hopfenstraße 6) zum Preis von 13,90 € erworben werden.